22 juli 2014

Aachener Tagebuch Sonntag 20. Juli: Der Schlusstag

Große Überraschungen brachte das abschließende Hindernisfahren, das für den Nationenpreis zählte, nicht mehr. Die Niederländer schaukelten souverän ihren Vorspruch nach Hause. Ihr Vorsprung war einfach für einen Spannungsbogen zu groß. Auffällig dabei, dass wieder IJsrand Chardon deutlich erkennbare Schwächen zeigte. Er ist ganz klar im Moment der Schwachpunkt im holländischen Team und man kann sich gut vorstellen, dass es doch die eine oder andere Diskussion um die Besetzung der Teamplätze für die Weltreiterspiele geben wird. Zumal mit Mark Weusthof ein Mitbewerber durch gute Leistungen sich deutlich positioniert hat. Man darf gespannt sein. 

Die Ungarn holten den 2. Platz in der Nationenpreiswertung. Es wurde zwar noch einmal eng gegenüber dem deutschen Team, aber der starke Auftritt am gestrigen Geländetag mit dem daraus resultierenden Vorsprung vor der deutschen Mannschaft reichte aus bis zum Schluss. Dies obwohl aus dem Drei-Mann-Team zum Schluss durch das Ausscheiden von Jozsef Dobrovitz Junior durch Sturz im Gelände nur noch zwei Ungarn überblieben.

Die deutschen behielten ihren 3. Platz, den sie nach dem Gelände schon innehatten. Michael Brauchle war nach seinem Galaauftritt im Gelände wiederum bester Deutsche im Hindernisfahren und holte sich in dieser Teilprüfung den Sieg. Das wird sicherlich die Diskussion bezüglich der Teamzusammensetzung in Richtung WM in Caen bei dem einen oder anderen befeuert haben und wird auch Bundestrainer Karl Heinz Geiger die eine oder andere Überlegung aufdrängen. Es sind einige Kandidaten, die Deutschland bei den Weltreiterspielen ins Rennen schicken kann. 


Christoph Sandmann. Foto: Marie de Ronde-Oudemans

Christoph Sandmann ist die uneingeschränkte Nr. 1. Er beherrscht alle drei Teildisziplinen meisterlich und ist wie schon seit Jahren schlichtweg eine aus dem deutschen Team nicht weg zu denkende Größe. Georg von Stein scheint noch auf der Suche nach dem idealen Gespann für das Gelände- seiner eigentlichen Paradedisziplin – zu sein. Es bleibt zu hoffen, dass er über das Sichtungsturnier in Riesenbeck eine entsprechend sichere Lösung findet. Sein Dressurauftritt war vielversprechend. Michael Brauchle hat mit seinem Sieg im Hindernisfahren und dem 2. Platz im Gelände mehr als nachdrücklich auf sich aufmerksam gemacht. 

Mareike Harm enttäuschte nicht. Ihr Auftritt im Kegelparcours und Dressur absolut in Ordnung und im Rahmen der Erwartungen. Lediglich eine kleine Zeitüberschreitung schlug für Sie im Kegelparcours zu Buche; das war super. Ihr Dressurauftritt etwas unterbewertet. Sie hatte etwas unglückliche Voraussetzungen in Aachen. Große Diskussion um ein Pferd aus ihrem Zug, das nach dem VetCheck am nächsten Tag zu einer Reispektion musste. Das zehrt alles an den Nerven, und wahrscheinlich wird ihr auch die teilweise geführte Diskussion um die Besetzung des dritten Mannschaftsfahrers nicht ganz verborgen geblieben sein.

Die Franzosen sind wieder erstarkt. Sie haben mit Benjamin Aillaud einen ganz starken Gelände- und Hindernisfahrer. Allerdings sind die weiteren Franzosen nicht ganz so stark einzuschätzen. Die Schweden hatten Pech mit dem Auftritt von Tomas Eriksson im Gelände, als er umstürzte. Aber mit Ihnen muss man immer rechnen und so viel Pech wie bei den letzten Weltreiterspielen, als sich ihr letzter Fahrer Eriksson im Hindernisparcours auf Medaillenkurs verfuhr und so die Deutschen noch die Bronzemedaille errangen, wird es so schnell nicht wieder geben. Ihr dritter Mann Olin ist zu schwach, um wesentlich zu positiven Mannschaftsergebnissen beizutragen. Im Hindernisfahren in Aachen brachte er immerhin ein ordentliches Ergebnis nach Hause.


Michael Brauchle. Foto: Marie de Ronde-Oudemans

Von den weiteren deutschen Fahrern, die für Bundestrainer Karl Heinz Geiger potentielle Kandidaten sind, sind nur Rainer Duen und Ludwig Weinmayr zu nennen. Aber sie scheinen zumindest im Moment für die oben genannten vier Akteure kein erster Konkurrent auf einen Platz im Team zu sein. Vielleicht bringt ja Riesenbeck andere Erkenntnisse.

Was ist zu Aachen sonst festzustellen? Die Ausnahmestellung von Boyd Exell ist weiter gegeben. Er ist trotz seines „nur“ 2. Platzes wohl – wieder einmal – der große Favorit auf den WM-Titel. Mit Chester Weber hatte er einen ganz ernstzunehmenden Konkurrenten bekommen, der nicht nur in der Dressur zu punkten versteht, sondern inzwischen auch in den beiden anderen Disziplinen Weltklasseleistungen bringt – allerdings im Gelände kommt er an Boyd Exell normallerweise nicht heran. Alles wird davon abhängen wie groß kann sein Vorsprung auf den Australier in der Dressur sein. 

Aachen war wieder mal ein wunderbarer Treffpunkt der Fahrsportfreunde mit tollen Leistungen der Aktiven und es war gleichzeitig das Kräftemessen schlechthin vor den Weltreiterspielen. Zuschauerinteresse groß wie immer. Eigentlich eine unbedeutende Kleinigkeit, aber für den Perfektionismus in Aachen doch erstaunlich: Auf der Anzeigetaffen konnten die Dressurergebnisse nicht ordnungsgemäß dargestellt werden, da Ziffern hinter dem Komma offensichtlich schlichtweg nicht vorgesehen waren. Das hin und her um das Geländeergebnis von Boyd Exell lassen wir einmal unkommentiert.

Im nächsten Jahr die Europameisterschaften in Achen. Schon jetzt das Ereignis, auf das viele hin fiebern werden. Die Deutschen insbesondere deswegen, weil aus dem Regelwerk der FEI sich ergibt, dass neben den drei Mannschaftsfahrern auch fünf Einzelfahrer an den Start gehen können. Das wird dem Vierspännersport in Deutschland viel Auftrieb geben.

In 14 Tagen sind noch einmal rund 50!! Viererzüge beim Deutschen Derby in Riesenbeck versammelt. Hier ein letzter Test in Richtung Weltreiterspiele und die letzte Möglichkeit Pferde auszuprobieren. Freuen wir uns also auf das Deutsche Derby am Wochenende 1. – 3. August in Riesenbeck als nächsten Höhepunkt für die Fahrsportfreunde, aber natürlich ganz besonders auf die Weltreiterspiele in Caen. Danach kurzes Luftholen und dann beginnt die Planung Richtung Europameisterschaft in 2015 in Aachen, die vom 11.- 23. August stattfindet.

Rudolf Temporini

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