23 März 2021

Aus dem Schatten: Michael Mayer

Viele Menschen sind hinter den Kulissen aktiv im Fahrsport. Fahren ist eine Disziplin des Pferdesports, die man nicht alleine betreiben kann. Die Unterstützung durch Familie, Partner oder Freunde ist für aktive Turnierfahrer unverzichtbar. Die Wettbewerbe, an denen sie teilnehmen, können dank des Einsatzes begeisterter Organisatoren und Ehrenamtler stattfinden. In der Serie 'Aus dem Schatten' holt Hoefnet Menschen aus dem Hintergrund ins Rampenlicht.

Michael Mayer

Der gebürtige Bündner Michael Mayer war selbst aktiver Einspännerfahrer, groomte bei Werner Ulrich auf dem Vierspänner und ist heute einer der jüngsten internationalen Dreisterne-Parcoursbauer. Der 40-Jährige, der hauptberuflich als Kantonspolizist im Berner Oberland unterwegs ist, möchte dereinst für eine Weltmeisterschaft die Parcours der Leinenkünstler kreieren.

Internationale Fahrsportkarriere

Die Familie Mayer ist bereits seit mehreren Generationen mit edlen Vierbeinern umgeben. Michaels Großvater besaß ein Hotel und hatte einen Fuhrbetrieb, sein Vater Werner war Springreiter, wechselte jedoch später in den Fahrsport und startete bei den Zweispännern. Als sein Vater 2004 mit dem Turniersport aufhörte, fuhr Michael anschließend Lajozs, einen der beiden Pferde seines Vaters, bei den Einspännern. In den fünf  Jahren, in denen er mit Lajozs Turniere fuhr, schaffte er es zweimal in die Medaillenränge bei den Schweizer Meisterschaften und er qualifizierte sich für die Weltmeisterschaft.
Als das Rentendasein von Lajozs herannahte, musste er feststellen, dass man Spitzenpferde im Einspännersport nicht so leicht findet, und wegen veränderter Prioritäten in seinem Privatleben, beendete er seine aktive Fahrspotkarriere.

Michael war aber weiterhin bei den Fahrturnieren im Einsatz: Er übernahm die schweizerische Webseite Fahrsport-Aktuell und durch seine Arbeit lernte er den Vierspännerfahrer Werner Ulrich kennen, der für seinen fahrenden Sohn einen Betreuer suchte. So landete Michael allmählich beim Vierspännerfahrer Werner Ulrich und begleitete ihn vier Jahre lang bei verschiedenen Turnieren im In- und Ausland, unter anderem bei drei WM-Turnieren: in Riesenbeck (2012), Caen (2014) und Breda (2016) und zwei EMs in Izsak (2013) und Aachen (2015).
Michael erzählt: “ Es war eine phantastische Erfahrung, am CAIO in Aachen teilnehmen zu dürfen. Dieser Marathonparcours, und so viele Zuschauer, das ist einfach einzigartig. Aber auch das Fahren in Ungarn ist toll, die Fahrturniere dort sind häufig richtige Volksfeste.“


Michael Mayer mit Lajozs
Foto:

Von der Kutsche zum Parcoursbau

Während der Zeit als Groom war Michael auch bereits Ansager bei seinem Heimatturnier in Vaduz, eine Funktion, die er ebenfalls in Österreich und Deutschland ausübte. Er erweiterte sein Wissen und seine Fertigkeiten jedoch ebenfalls mit der Ausbildung zum nationalen Parcourschef. 2018 kamen internationale Turniere hinzu.

Michael erzählt: “Die Herauforderung des Parcourschefs liegt darin, für jede Anspannungsart, vom Pony-Einspänner bis zum Pferde-Vierspänner, einen Parcours zu entwerfen, der variantenreich, anspruchsvoll und stilvolles Fahren ermöglicht. Es ist nicht immer einfach, allen Ansprüchen gleichzeitig gerecht zu werden. Aber nicht nur der Marathon macht Spaß, auch das ‘Töggeln’ (Hindernisfahren), denn dabei geht es meistens um die Entscheidung im Turnier oder sogar um die Entscheidung einer Meisterschaft. Als Parcourschef kann man großen Einfluss ausüben und kreativ sein. Baut man einen Speedkurs, hebt man den technischen Anspruch hervor oder versucht man beides zu kombinieren – jedes Mal gibt es eine neue Herausforderung.”

Michael baut seine Parcours so, wie er sie selbst gerne fahren möchte: “Mein Gefühl sagt, dass es ein Vorteil ist, dass ich in mehreren Disziplinen gefahren bin: als aktiver Einspännerfahrer, beim Training mit meinem Vater im Zweispänner und bei Werner Ulrich und Tomas Eriksson bei den Vierspännern. Ich kenne alle Dimensionen.“


Michael als Beifahrer bei Werner Ulrich
Foto:

Ein Wenig Show gehört dazu

Der perfekte Marathon enthält für Michael ein Gelände mit Hügeln, Talsenken und Wasserdurchfahrten: “Das macht einen Marathon attraktiv, es muss den Zuschauern schon auch Show geboten werden! Und ich arbeite gerne mit der Natur, obwohl das leider nicht immer und überall möglich ist. Die Mischung aus recht einfachen, spektakulären Hindernissen und technisch anspruchsvollen Komplexen ergibt einen guten Marathon.”

Für Michael ist die Dekorierung der Hindernisse nicht entscheidend: “Wir möchten natürlich alle gerne schön ausgestattete Hindernisse sehen wie in Aachen oder bei Meisterschaften, aber in vielen Fällen ist es auch eine Frage des Geldes für die Ausrichter. Das Wichtigste beim Marathon ist, dass sowohl die Hindernisse selbst als auch die entsprechende Linienführung pferdefreundlich sind.”

Er erläutert: “Was das Ambiente betrifft, sind die Klassiker wie Riesenbeck, Aachen und Beekbergen herrlich, aber auch ein eher ländliches Turnier wie das CAI Lähden bei Christoph Sandmann hat seinen besonderen Charme. Das ist ein richtiges Volksfest! Und Windsor … wer würde nicht gerne mal durch den Hintergarten der britischen Königin Elisabeth fahren?” Michael relativiert: “Für den Sport ist das Wichtigste, dass es genügend Turniere gibt, nicht alles braucht bombastisch zu sein.”

Hallenparcours zu bauen, ist eine ganz andere Sache, wobei der ‘Show-Aspekt stärker in den Vordergrund tritt. Die Räume sind enger und das erfordert eine andere Parcoursbauart. Michael: “Der Fahrsport bekommt eine Plattform, um sich zu präsentieren und es muss genügend Action geben, ohne dass es zu gefährlich wird. Zu einfach darf es auch nicht sein, denn die Spannung soll erhalten bleiben. “


Michael war 2020 Parcourschef in Exloo und wäre das auch in diesem Jahr gewesen
Foto: Krisztina Horváth

Zukunftsträume

Michael würde am liebsten einmal einen Parcours für eine Weltmeisterschaft bauen: ”Die Anspannungsart ist für mich nicht so wichtig. Natürlich möchte man dann auch die Formel I, die Vierspänner bauen, aber als Einspännerfahrer finde ich diese Anspannungsart genau so wichtig. Und au dem Weg dorthin wäre es toll, für einen der genannten Klassiker verantwortlich zeichnen zu dürfen!”

Quelle: PferdeWoche. Überarbeitung: Hoefnet


Michael Mayer als Assistent-Parcourschef beim Weltcup-Turnier in Genf
Foto: Krisztina Horváth