15 April 2021
Wie geht es eigentlich…….Christian Plücker?
Im Fahrsport gibt es eine große Anzahl von Personen, die in der Vergangenheit im Sport aktiv waren und viel für den Sport bedeutet haben. Hoefnet macht sich auf die Suche nach einigen dieser Koryphäen, um sie zu fragen, wie es ihnen jetzt geht. In dieser Folge hat Christian Plücker das Wort.Christian Plücker (Jahrgang 1981) aus dem nordhessischen Alraft (Gemeinde Waldeck) war über ein Jahrzehnt ein international erfolgreicher Vierspännerfahrer. Bis 2014 gehörte Christian dem Bundeskader der Vierspännerfahrer an. Überraschend für viele beendete er aus zeitlichen und beruflichen Gründen Mitte Januar 2014 seine noch junge Karriere als Vierspännerfahrer.
Vater als Vorbild
Der Bäckermeister und Betriebswirt des Handwerks ist inzwischen gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Malte Geschäftsführer und Inhaber des Familien-Unternehmens, das aus einer vor über hundert Jahren gegründeten Bäckerei mit Mühle hervorgegangen ist.
Christian ist für die Herstellung von Brot- und Backwaren auf der über 3.000 Quadratmeter großen Produktionsfläche verantwortlich, Malte als Diplom-Betriebswirt für den kaufmännischen Bereich. Vater Walter Plücker (Jahrgang 1955) ist noch als „Senior“ aktiv. Als Unternehmer, passionierter Reiter und Vierspänner-Fahrer war er auch sportliches Vorbild und Fahrlehrer. Er gewann 1996 Bronze bei der Hessenmeisterschaft und startete 2000 auch bei der WM in Wolfsburg. Es überrascht also nicht, dass Sohn Christian bereits 1998 als 17-Jähriger einen Zweispänner steuerte und 2004 auf den elterlichen Vierspänner umstieg. Nach Abitur, Bundeswehr und Berufsausbildung war Christian mit 23 Jahren bereits Landesmeister der hessischen Vierspännerfahrer und erhielt er 2007 das Goldenen Fahrabzeichen.
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Über den Perspektivkader in den Bundeskader
Mit den Pferden Boss, Lucky, Vagabund, Rascal, Iwan, Schicco und Feiner Kerl, die vom Vater zur Verfügung gestellt und mit Unterstützung von Michael Freund ausgebildet wurden, kam Christian in den 2006 gegründeten „Perspektiv-Kader“ der Vierspänner. In dem wurden bis 2008 als Nachwuchstalente auch Raphael Tobias, Rene Poensgen, Georg von Stein, Christian Scheid und Michael Brauchle gefördert. Bis 2014 gehörte Christian dem Bundeskader der Vierspännerfahrer an. Die enge Verbindung zu Michael Freund, die über Pferdekäufe beim Vater Walter zustande kam, sorgte für eine solide Fahr-Ausbildung von Sohn Christian und dessen Gespannpferden. Zu den Erfolgen trug auch das Coaching durch Michael Freund bei gemeinsam besuchten Turnieren bei. Die Initiative zur Gründung des Perspektivkaders ist übrigens auch auf Walter Plücker zurückzuführen, der dazu mit Gleichgesinnten eine größere Sponsorengruppe begeistern konnte.
Deutsche Meisterschaften
In Nunsdorf nahm Christian 2005 erstmals an den Deutschen Meisterschaften teil. Bei der DM in 2010 in Lähden auf der Anlage von Titelgewinner Christoph Sandmann wurde er dann sogar Vizemeister. Über seine erste Medaille bei einer Deutschen Meisterschaft freute sich der neue Vizemeister ganz besonders: „Das war super, zum ersten Mal hat alles gepasst! Bisher konnte ich auf Deutschen Meisterschaften verletzungsbedingt nie die Pferde einsetzen, die ich fahren wollte.“ Wegen einer Handverletzung war er zuvor mehrere Monate selbst ausgefallen. Bei seiner letzten DM in Donaueschingen 2013 steigerte er sich von Prüfung zu Prüfung, wurde Siebter der internationalen Wertung, verpasste aber als Viertbester Deutscher hinter Christoph Sandmann, Michael Brauchle und Daniel Schneiders erneut nur knapp eine Medaille.
DM Donaueschingen 2013
„Junger Wilder“
Mit einer Wild Card konnte Christian 2008 unter der Ägide von Michael Freund als „Junger Wilder“ in der Stuttgarter Schleyer-Halle beim Weltcup-Turnier starten. Als er knapp hinter dem späteren Gewinner Jozsef Dobrovitz die Siegerrunde verfehlt hatte, gratulierte auch der im Finale überraschend unterlegene Ijsbrand Chardon. ,,Michael Freunds Nachwuchsförderung ist vorbildlich und bisher einmalig in Europa!“
Die Vierspänner waren für Christian „die Formel eins des Pferdesports“. Der spektakuläre Aachener Marathon über 15 Kilometer auf einem eigens präparierten Parcours neben dem Hauptstadion locke oft über 30 000 Zuschauer an. Aber nicht nur für das Aachener Publikum seien sie „der große Renner.“ Die Teilnahme am CHIO Aachen war für Christian eine große Ehre und ein großes Erlebnis.
Internationale Erfolge
Unter der Ägide von Bundestrainer Ewald Meier gewann Christian 2008 beim CAIO Aachen das Hindernisfahren. Unter der Leitung von Bundestrainer Karl-Heinz Geiger belegte er 2012 als bester deutscher Einzelfahrer in der Aachener Soers Rang 15. Auch in den Niederlanden fuhr Christian gern und erfolgreich. Bei der WM 2008 in Beesd belegte er unter deutscher Flagge Rang 25, bei der EM 2011 in Breda Rang zwölf.
Auf Rang 15 bei der Vierspänner-WM 2012 in Riesenbeck folgte Plückers letzter Einsatz für Deutschland: das war die EM im Herbst 2013 im ungarischen Izsák. Er überzeugte dort nochmals als Einzelfahrer in Dressur und Parcours, musste aber im Gelände aufgeben. Überraschend für viele beendete dann Mitte Januar 2014 seine noch junge Karriere als Vierspännerfahrer.
Beim CHIO Aachen 2008 gewann Christian das Hindernisfahren
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Aus dem Transporter in die Nachtschicht
Der Entschluss von Christian Plücker, den Sport aufzugeben, hat nach seiner Aussage mehrere Gründe: Zum einen wird er im April 2014 zum zweiten Mal Vater. Kinder und Familie sind nachvollziehbar ein wichtiges Aufgabenfeld. Zum anderen war Christian seit langem im expandierenden Familienunternehmen stark eingebunden und beansprucht: „Als Amateur habe ich mich im Spitzensport immer etwas schwer getan. Weil bei uns Qualitätskontrolle nur vor Ort möglich ist, konnte ich zum Beispiel während eines Turniers nie ausschließlich über das Telefon Kontakt mit unserem Unternehmen halten. Wenn ich am Sonntagabend mit dem LKW von Turnieren zurückkam, musste ich sofort in den Betrieb – und das die gesamte Nacht. Das war mühsam. Hinzu kam, dass für Kader-Mitglieder die Zahl der Sichtungsturniere und der Qualifikationen nach der Einführung von Europameisterschaften von sechs bis sieben pro Jahr auf neun bis zehn stieg. Von Mittwoch an so oft im Betrieb zu fehlen, konnte ich mir nicht leisten. Junge Pferde in den Sport zu bringen, war unter diesen Umständen auch nicht möglich. Es blieb also nur die Aufgabe des Sports.“
Regionalität gehört zur Unternehmensphilosophie
Zur Unternehmensphilosophie der Firma Plücker zählt auch Regionalität. Das Getreide kommt aus Hessen. Das Mehl wird in einer Mühle am Vogelsberg gemahlen. Eingesetzt werden Rohstoffe der Natur ohne vorgefertigte Backmischungen und ohne Konservierungsstoffe. Spezialität des Unternehmens ist das „doppelt gebackene Alrafter Landbrot“ mit dicker Kruste, ein Roggenmischbrot nach überlieferter Rezeptur.
Christian Plücker und Malte Plücker haben sich stets weiter qualifiziert. Mit ihrem Ausbildungsangebot wollen sie deshalb zum erfolgreichen Berufsstart auch junger Menschen beitragen. Vor vier Jahren hat sich das Unternehmen aus Waldeck für das Jubiläum: „Einhundert Jahre Edersee“ engagiert. Für Waldecks Bürgermeister Jörg Feldmann hat Familie Plücker damit auch die Stadt Waldeck erfolgreich gemacht. Weil Leitungen bereits für das Unternehmen Plücker gelegt worden waren, konnte Waldeck zeitiger als andere ein schnelles Internet installieren.
Vom Vierspänner zu den Ponys
Das schönste Erlebnis in seiner Zeit als aktiver Vierspännerfahrer war für Christian Plücker: „Den faszinierenden Sport mit meiner Familie erfolgreich zu bestreiten.“ Die Familie steht für ihn weiterhin im Mittelpunkt – nur eben ohne Gespannpferde. Ein Viererzug kann in Alraft nicht mehr zusammengestellt werden. „Für meine Frau, unseren Sohn und die beiden Töchter halten wir ein Reitpony und ein Shetlandpony. Das Shetty mit dem Namen „Mäxchen“ stammt übrigens von Marco Freund, dem Sohn von Michael Freund.“
Vier Generationen Familie Plücker: Von links: Christian Plücker mit Frau und jüngster Tochter, Mutter Regina Plücker mit Enkeltochter, Oma Plücker, Bruder Malte R. Plücker und Senior Walter Plücker mit Enkelsohn
Foto: Privatsammlung
Enge Kontakte zum Fahrsport
Als viel beschäftigter, erfolgreicher Unternehmer steigt Christian Plücker auch nicht mehr auf einen Kutschbock. Den Kontakt zur Fahr-Szene hat er aber nie abreißen lassen. Den hält er heute noch, vor allem zu Michael Freund, Christoph Sandmann, Georg von Stein und Rene Poensgen: „Am Vierspännersport und an Fahrturnieren habe ich immer noch großes Interesse. Ich unterstütze zum Beispiel Christoph Sandmann, sehr gerne auch vor Ort. Bei dessen letzten Turnieren in Lähden habe ich mit Begeisterung Protokolle geschrieben. Gerne besuche ich auch noch Aachen und Donaueschingen.“
Text: Eberhard Platz. Überarbeitung: Hoefnet
WM Vierspänner Beesd 2008
Foto: Rinaldo de Craen
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