14 Juli 2021

Wie geht es eigentlich …….Hansjörg Hammann?

Im Fahrsport gibt es eine große Anzahl von Personen, die in der Vergangenheit im Sport aktiv waren und viel für den Sport bedeutet haben. Hoefnet macht sich auf die Suche nach einigen dieser Koryphäen, um sie zu fragen, wie es ihnen jetzt geht. In dieser Folge hat Hansjörg Hammann das Wort.

Hansjörg Hammann (1967), Zwei- und Vierspännerfahrer aus Oberstotzingen (Kreis Heidenheim) hat schon in jungen Jahren eine steile Karriere hingelegt. Zwischen 1992 und 1996 war er drei Mal Teilnehmer an Weltmeisterschaften der Vierspänner. Bei den Weltreiterspielen 1994 In Den Haag wurde er Mannschafts-Weltmeister, bei der WM in Waregem 1996 Mannschafts-Vize-Weltmeister. Bei seiner ersten WM 1992 in Riesenbeck war er Zehnter der Einzelwertung. Darüber hinaus erzielte Hammann zahlreiche Siege und Platzierunge bei deutschen und Landesmeisterschaften.


WK Waregem 1996. Foto: N. Nesters

Wie der Vater, so der Sohn

Nach 24 Jahren internationalem Fahrsport und 14 jähriger Zugehörigkeit zum Bundeskader der deutschen Vierspännerfahrer hatte er 2006 – für viele überraschend – seine internationale Karriere beendet. Sein letztes nationales Turnier bestritt er aber erst 2014. Gestartet war er als Zwölfjähriger im Zweispänner mit Baden-Württembergern aus der Korntaler Zucht seines Vaters Erich Hammann. Der war damals schon einer der führenden Fahrpioniere im Lande. Mitte der 1980er Jahre war er unter anderem beim CAI Donaueschingen auch vierspännig dabei.

Donaueschingen war das Ziel

Wie sein Vater wollte auch Hansjörg vierspännig in Donaueschingen starten. Dank der Unterstützung von Bundestrainer Bernd Duen, intensiver Nachhilfe von Landestrainer Hubert Schreiber und mit Zuspruch von Michael Quinkler und Janos Böhler erhielt er 1991 die ersehnte Startgenehmigung für den CAI im Schlosspark der Fürstenberger.

Weihnachten, Ostern und Neujahr in einem

Nach Erfolgen in der grünen Saison sammelte Hammann ab 1993 auch Erfolge in der Halle. Prägend für die Indoor-Karriere des damals 26jährigen gelernten Landmaschinen-Technikers war seine Teilnahme am „Pilot-Projekt“ in der Stuttgarter Hanns–Martin Schleyer-Halle. Dieses Experiment mit Gespannwechsel im Parcours von Falk Böhnisch wurde 2001 Teil des FEI-Weltcups. Der Auftritt 1993 im ersten „UPS German Master“ war für ihn „wie Weihnachten, Ostern und Neujahr zusammen.“ In Erinnerung geblieben ist sein spektakuläres Umkippen 1995 mit dem Gespann des Schweden Tomas Eriksson. Kurz zuvor war er in der Halle mit dem „Goldenen Fahrabzeichen“ geehrt worden. Der Sturz verlief glücklicherweise für Fahrer, Beifahrer, Gespann und Kutsche glimpflich. Die Unglücks-Stelle heißt heute noch „Hammann-Kurve“.


Stuttgart 1996. Foto: Olav Krenz

Nicht-Nominierung für die WM 2006 in Aachen

Als inzwischen selbständiger Speditionsunternehmer und geprüfter Fahrlehrer wurde Hammann 2004 zum letzten Mal Landesmeister. Zur Landesmeisterschaft 2006 trat Hammann dann nicht mehr an. Seinen Verzicht begründete der damals 38-jährige so: ,,Ich will nicht still die Platte putzen. Es gibt mehrere Gründe, dass ich nach 24 Jahren Fahrsport und 14 Jahre Zugehörigkeit zum Bundeskader mit dem aktiven Sport aufhöre.“ Aktueller Anlass, keine Turniere mehr zu fahren, war die Nicht-Nominierung für die WM 2006 in Aachen. Für dieses Großereignis hatte er Mitte 2005 – wie einst 2000 für Wolfsburg – sein Gespann um zwei Vorderpferde verstärkt und einen neuen Marathon-Wagen angeschafft. Noch im Herbst 2005 hatte er fest damit gerechnet, zum Kreis der neun Fahrer zu gehören, die Deutschland als Ausrichter der WM aufbieten durfte. „Zu den Aktiven für diese WM zählte ich aber erneut nicht. Es kam keiner von außen mehr rein“, so seine Erkenntnis, aus der Enttäuschung und Frust deutlich wurden. Hammann verkaufte beide Vorderpferde, LKW und Hänger, behielt aber noch sieben Pferde und alle Geschirre mit dem Ziel, junge Pferde anderer einzufahren und Lehrgänge abzuhalten. „Die finanzielle Voraussetzung für die Fortführung des Sports war zwar noch gegeben, aber die ideelle Unterstützung hat gefehlt“, begründete er seinen Schritt, versicherte aber: ,,Die Passion ist noch vorhanden. Dem Fahren werde ich verbunden bleiben.“ In den Folgejahren musste sich der Fahrsport mehr und mehr Hammanns Haupt-Beruf als selbständiger Speditions-Unternehmer unterordnen. Ende 2010 musste er sich zudem einer schweren Operation unterziehen. Die ist zwar gut verlaufen, zwingt ihn aber bis heute, auf seine Gesundheit Rücksicht zu nehmen.

Dreifach-Unternehmer

Durch die Heirat mit Brigitte Groll vor 26 Jahren ist er auf der Schwäbischen Alb heimisch geworden. Mit seiner Familie ist er auf einen Hof in der Nachbarschaft gezogen, den sein Vater als Ruheständler erworben und vor seinem Tod zum Pferdehof umgebaut hatte. Die Landwirtschaft mit 17 Hektar Wiesen und 15 Hektar Ackerland betreibt Hammann engagiert im Nebenberuf. „Ich füttere mein eigenes Heu, verwende mein selbst gepresstes Stroh und besitze alle dazu erforderlichen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte“, freut sich der nun in drei Sparten erfolgreiche Unternehmer. Das sind die Hammann-Transporte mit vier festen Mitarbeitern und acht Aushilfskräften, der Reit- und Fahrstall und eine Foto-Voltaik. Mit einem seiner LKW ist Hammann als Chef noch drei- bis viermal in der Woche unterwegs, meist nur auf kurzen Strecken. Anspannen und Ausfahren gehören weiter zum Tages-Programm. Das erforderliche Equipment ist noch vorhanden.


Lauchheim 2004
Foto: Dr. Jürgen Schwarzl

Unpersönlich

Sportliches Fahren und Fahrsport haben sich nach Hammanns Ansicht nicht erst durch die Corona-Epidemie und deren Folgen grundlegend verändert. „Das hat sich schon zu meiner Aktiven-Zeit abgezeichnet. Wir haben uns damals wie eine große Familie gefühlt und benommen. Das fehlt mir heute. Unser Sport ist unpersönlicher geworden und orientiert sich fast nur noch am Erfolg.“ Auch „eine mangelnde Wertschätzung unserer Fahrer-Jugend“ kritisiert er. Zur Förderung des Nachwuchses sollte es nicht nur ein Team „New Vision“ geben, sondern mehrere Perspektiv-Gruppen mit guter Betreuung, „nicht nur auf Landes-Ebene.“

Alter Deckgutschein

Schmunzeln kann er hingegen über ein Ereignis bei seinem ersten Start in Aachen, dem noch mehrere Starts in der Soers folgten. Bei der Anfahrt mit dem LKW zum Marathon-Startpunkt im Aachener Wald hatte er sich als Ortsunkundiger fast bis nach Belgien verirrt und seine Startzeit verpasst. Weil sich jedoch ein Fahrer vor ihm in einem Hindernis so festgefahren hatte, dass die gesamte Strecke zwei Stunden für die Reparatur gesperrt werden musste, konnte er doch starten. Zu den heiteren Ereignissen zählt für ihn auch, dass seine Frau, die ihn lange auch als Groom begleitete, vor kurzem beim Aufräumen einen Deck-Gutschein fand. Der stammte aus den 1990er Jahren und war ein Dankeschön eines bekannten Gestüts-Inhabers, den Hammann zur kirchlichen Trauung mit dem Vierspänner gefahren hatte. „Der Gutschein erwies sich 2021 noch als gültig. Nun erwartet eine Sandro Hit-Tochter in meinem Stall von einem bekannten Nachwuchs-Vererber ein Fohlen“, freut er sich.

Auf dem Hammann-Hof stehen aktuell 17 Pferde. Acht gehören der Familie, darunter drei Schwere Warmblüter und zwei Friesen, sowie ein Pony. Dieses selbstbewusste Shetty hatte Hansjörg Hammann vor mehr als 25 Jahren spontan von einem Markt für seine Kinder mitgebracht. Alle vier (drei Buben und ein Mädchen) hatten mit ihm spezielle Erlebnisse. Denn einfach zu handhaben ist „Mäxchen“ bis heute nicht.

Heiko Hammann

Mit Friesen und Schweren Warmblütern ist Hammanns ältester Sohn Heiko (24) inzwischen selbst Mitglied im Landesjugend-Kader der Zweispänner, seit 2016 erfolgreicher Teilnehmer und Titelgewinner bei Landesmeisterschaften, Süddeutschen Meisterschaften sowie Deutschen Jugend-Meisterschaften. Mit dem Vierspänner ist Heiko Hammann seit 2018 ebenfalls mit Erfolg bei Landesmeisterschaft gestartet, im Vorjahr auch bei der DM in Lähden. Einer seiner Trainer ist Steffen Brauchle. Erste Internationale Erfolge im Vierspänner waren für Heiko Hammann 2020 Rang sieben in Nebanice und 2021 der Kombi-Sieg in Viechtwang. Ziele für 2021 sind die Nominierung für die DJM (U 25) in Lähden und Starts mit dem Vierspänner bei der DM in Drebkau und der Landesmeisterschaft in Reilingen.

„Trotz unterschiedlicher Temperamente haben wir inzwischen ein gutes Verhältnis“, beschreibt Hansjörg Hammann den Bezug zum Sport seines Ältesten. Der war zuvor nicht immer spannungsfrei. Während Hansjörg Hammann in seiner Aktivenzeit im Gelände gern einiges riskierte (was sich nicht immer auszahlte) und „Draufgänger-Mentalität“ schätzte, möchte Sohn Heiko in allen Disziplinen möglichst die Kontrolle über das Gespann behalten und perfekt fahren. Damit hat er sich durchgesetzt.


Heiko Hammann Reilingen 2019. Foto: Herbert Rauser

Vielseitiger Pferdemann

Vor zwei Jahren wurde Hammann überraschend zum Ersten Vorsitzenden des Reit- und Fahrvereins Niederstotzingen mit 178 Mitgliedern gewählt. „Dieses Ehrenamt ist aufwändiger, als ich angenommen habe“, bekennt er heute. „Es macht zwar Spaß, kostet aber viel Zeit.“ Auf den Weg gebracht hat er bereits die Anschaffung eines Schleppers, ein neues Vordach und einen neuen Belag in der Reithalle. Als sachverständiger Richter bei Pferdemärkten und als Moderator von Pferde- und Fahrveranstaltungen will er weiter amtieren. Zu vielen Kader- und WM–Kollegen hält er noch Kontakt. Er setzt darauf, dass große Fahrsportereignisse bald auch wieder vor Zuschauern stattfinden können. Zu Weltreiterspielen würde er – wie 2018 – erneut sogar über den Großen Teich fliegen. Die sind für ihn immer besondere Erlebnisse. In Tryon (North Carolina) hatte Hansjörg Hammann nicht nur das Ausrutschen von Christoph Sandmanns Stute Wanita im steilen Geländehindernis hautnah mitverfolgt, sondern seinem früheren Team-Kollegen auch beim Ausspannen der Pferde geholfen.

Text: Eberhard Platz. 


Mannheim 2002. Foto: Olav Krenz

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